Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat sich erstmals öffentlich für einen Infrastrukturfonds ausgesprochen. Damit unterstützt nach dem Schienenbeauftragten, PSts Michael Theurer, nun auch der Minister den entsprechenden Vorschlag der Beschleunigungskommission Schiene. Vorbild ist die Schweiz, die mit dem Instrument gute Erfahrungen gemacht hat – beim Schienenausbau. Beim Vorstoß des Bundesverkehrsministers ist zu befürchten, dass er bei einer verkehrsträger-übergreifenden Fondslösung auch an die unveränderte Fortführung der straßenlastigen deutschen Infrastrukturpolitik denkt.
Neele Wesseln, Geschäftsführerin der GÜTERBAHNEN, kommentiert:
„Wir begrüßen den Vorstoß des Bundesverkehrsministers zur Fondsfinanzierung für den Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur. Auch die Schweiz hat damit bekanntlich ihre riesigen Schienen-Neubauprojekte stabil und effizient finanziert. Und das muss nun auch der Fokus sein: das jahrzehntelang kaum ausgebaute deutsche Schienennetz für die Zukunft fit zu machen. Seit der Bahnreform vor genau 30 Jahren wurden insgesamt nur 1.800 Kilometer Schiene neugebaut oder elektrifiziert. Jedes Jahr entstehen dagegen jährlich 10.000 Kilometer neue Straßen.
Der aufziehende Rückenwind für den Vorschlag der Beschleunigungskommission Schiene setzt nun hoffentlich die richtigen Diskussionen in der Bundespolitik in Gang. Zukunftsinvestitionen sind essenziell für den Standort Deutschland. Wunschlisten von tausenden Projekten ohne Finanzierungsperspektive nützen niemandem. Die Schiene braucht jetzt Priorität beim Neu- und Ausbau neben der Bestandsnetzsanierung.“
Zum Hintergrund:
Die im Schweizer Parlament mehrfach fortgeschriebenen Fondslösungen wurden entwickelt, um mehrjährige Projekte stabil finanzieren zu können. Planungssicherheit bedeutet niedrigere Kosten und höhere zeitliche Präzision. Es handelt sich nicht um „Sparschweinlösungen“, bei denen nur einmal bereitgestelltes Budget Zug um Zug entnommen wird. In der Schweiz ist auch die kontinuierliche Befüllung mittels gesetzlich fixierter Quellen wie Steueranteilen und Kantonsgeldern für einen Teil des Volumens geregelt. Im Hintergrund gab und gibt es jeweils konkrete Listen von zu finanzierenden Vorhaben in vorgegebenen Zeiträumen durch den jeweiligen Infrastrukturbetreiber (in der Schweiz wird nur die Hälfte des Netzes von der SBB betrieben), die einer effektiven behördlichen Begleitung durch das Bundesamt für Verkehr unterliegen.
Fondslösungen können auch bei Ersatzinvestitionen und bei den anderen Verkehrsträgern für mehr Effizienz bei Kosten und Bauzeiten sorgen. Allerdings gibt es mit der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung III zwischen Bund und DB für die Bestandsnetzsanierung bereits vertragliche Lösungen mit langjähriger Bindung und überjähriger Mittelverwendung, die auch für das zusätzliche Volumen hochskaliert und angepasst werden können. Im Straßenbau gibt es anders als bei der Schiene eine hohe Stabilität der jährlichen Mittelbereitstellung durch den Bund.
Hintergründe zur bisherigen – stark straßenausbauorientierten – Infrastrukturfinanzierungspolitik des Bundes zeigt die aktuelle Studie „Zukunftsfeste Infrastrukturplanung“ des österreichischen Umweltbundesamtes, die NABU, DIE GÜTERBAHNEN und BUND am vergangenen Montag der Öffentlichkeit vorgestellt haben und hier zur Verfügung steht.
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