Netzwerk Privatbahnen: Report Mainz Bericht "Fahren bis zum Umfallen" vom 14. 02. 2011 in seiner Pauschalität falsch - Weit überwiegende Mehrzahl der Güterbahnen hält Arbeitszeitvorschriften ein.
Der am 14.02.2011 von dem ARD-Magazin Report Mainz ausgestrahlte Bericht "Fahren bis zum Umfallen" ist tendenziös und auf dem Niveau der Boulevardpresse. Es kommen in dem Bericht Lokführer von Wettbewerbsunternehmen zur Deutsche Bahn AG zu Wort, die von systematischen Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz berichten. Teilweise ist die Rede von 23 Stunden Dienst auf der Lok, von regelmäßig nicht eingehaltenen Ruhezeiten etc.
Die weit überwiegende Mehrzahl der etwa 45 Güterbahnen, die zumindest auch Wettbewerbsverkehre zur Deutsche Bahn AG durchführen, achtet peinlich genau auf die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes. Alexander Kirfel, Geschäftsführer von Netzwerk Privatbahnen: "Regelmäßige, systematische Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz, wie von Report Mainz dokumentiert, sind kriminell und nicht ohne Grund gemäß § 23 des Arbeitszeitgesetzes unter Strafe gestellt. Wir verurteilen ein derartiges Verhalten auf das Schärfste, weil dadurch die weit überwiegende Mehrheit der Wettbewerbsbahnen, die sich hier nichts zuschulden kommen lassen, mit den wenigen schwarzen Schafen der Branche in einen Topf geworfen werden."
Derartige Geschäftsmodelle, die darauf beruhen, dass systematisch gegen Gesetze verstoßen wird und die Arbeitnehmerinteressen derart mit Füßen getreten werden, sind glücklicherweise nicht nachhaltig. Die Eisenbahnbranche erlebt nach einem kurzzeitigen Einbruch im Krisenjahr 2009 wieder einen anhaltenden Boom, der dazu führt, dass nicht nur Lokomotiven und Güterwagen knapp geworden sind, sondern auch in erheblichem Maße Lokführer. Es gibt tatsächlich einen gravierenden Mangel an Lokführern in Deutschland, der voraussichtlich auch noch lange Zeit anhalten wird. Das bedeutet, dass jeder unzufriedene Lokführer, der bereit ist, sich gegebenenfalls räumlich zu verändern, der entsprechende Referenzen mitbringt und der von seiner Persönlichkeit her anpassungsfähig ist, beste Chancen hat, zu einer anderen Eisenbahn zu wechseln. Niemand ist angesichts des herrschenden Lokführermangels gezwungen, unzumutbare Arbeitsbedingungen zu erdulden. Gerade die Wettbewerber der Deutschen Bahn wussten das viel eher als der große, unbewegliche DB-Konzern und haben entsprechend gehandelt. Viele der Lokführer, die für Privatbahnen fahren, kommen von der Deutsche Bahn AG. Sie haben den DB-Konzern verlassen, weil ihnen die Arbeitsbedingungen dort nicht gefallen haben: Privatbahnen bieten in aller Regel bessere Bezahlung, ein gutes Betriebsklima und attraktivere Arbeitsbedingungen als die DB AG. Von den wenigen schwarzen Schafen, die leider auch in der Eisenbahnbranche vorkommen, abgesehen, stimmt bei den Wettbewerbsbahnen auch das Weiterbildungsangebot: Regelmäßige Schulungen gewährleisten ein hohes Sicherheitsniveau.
Daneben wurde in der Report Mainz-Sendung vom 14.02.2011 erwähnt, dass 2009 355 mal â€Å¾Halt“ zeigende Hauptsignale (Signalfarbe: rot) überfahren worden. seien Das ist weniger als ein Mal pro Tag. Pro Tag verkehren aber über 30.000 Züge in Deutschland. Hier redet man von 0,003 % der Zugfahrten in Deutschland, eine lächerlich geringe Zahl. Jedes Überfahren eines "Halt" zeigenden Hauptsignals zieht Untersuchungen nach sich, die bei nicht nur leichter Fahrlässigkeit ("verbremst") zur Einbeziehung des Notfallmanagers des Infrastrukturbetreibers (In der Regel die DB Netz AG) nach sich zieht. In der Regel wird der Lokführer dann abgelöst. Anschließend folgen gegebenenfalls Untersuchungen des Vorfalles durch das Eisenbahn-Bundesamt. Bei schwerer Fahrlässigkeit kann das sogenannte "Beiblatt" zum Führerschein und damit die Fahrerlaubnis entzogen werden.
Keine Branche ist so stark reguliert wie die Eisenbahnbranche, kein Landverkehrsmittel ist so sicher wie die Eisenbahn. Wenn die Sicherheitsanforderungen, die im deutschen Schienenverkehr gelten, auch auf den Straßenverkehr Anwendung fänden, gäbe es in Deutschland zahlreiche Tote und Verletzte weniger.
Enttäuschend ist allerdings das Verhalten von Report Mainz. Alexander Kirfel, Geschäftsführer von Netzwerk Privatbahnen: "Wir hätten erwartet, dass Report Mainz im Interesse einer fairen Berichterstattung, wie sie bei einem öffentlich-rechtlichen Sender selbstverständlich sein sollte, vor der Ausstrahlung auch die Vertreter von Privatbahnen zu Wort kommen lässt und hier nicht nur einen relativ kleinen Personaldienstleister "vorführt". Der alte römische Rechtsgrundsatz "audiatur et altera pars" ("Gehört werde auch der andere Teil"), wonach nur die Anhörung beider Parteien ein gerechtes Urteil ermöglicht, scheint für Report Mainz nicht zu gelten." Als Aufhänger für den Bericht den Unfall von Hordorf zu wählen, ist im übrigen peinlich. Der Lokführer des Güterzuges gehört zu den Verkehrsbetrieben Peine-Salzgitter GmbH (VPS), die wiederum zu fast 95 % zur Salzgitter AG gehören, an der wiederum das Land Niedersachsen mit 26,5 % beteiligt ist. Die VPS fahren im Nah- und im Regionalbereich bis 250 km um Salzgitter herum und gelten in der Branche als alteingesessenes und zuverlässiges Unternehmen. Der Bericht von Report Mainz lenkt von der eigentlichen Verantwortlichkeit für das Zugunglück ab. Diese liegt bei der DB Netz AG als Infrastrukturbetreiber und beim Bundesverkehrsministerium. Wären die Strecken im Osten flächendeckend mit dem Zugbeeinflussungssystem PZB 90 ausgerüstet, müsste sich niemand über mögliche Folgen der zu 0,003 % überfahrenen "Halt" zeigenden Signale Gedanken machen, auch nicht über ein Unglück mit einem Benzinzug.