Die im Netzwerk Privatbahnen zusammengeschlossenen Eisenbahnen nehmen das Problem des durch den Schienengüterverkehr verursachten Lärms sehr ernst. Die gesamte Branche ist hier gefordert, in diesem Bereich tätig zu werden und Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten und umzusetzen, um die Akzeptanz des umweltfreundlichen Schienengüterverkehrs in der Öffentlichkeit nicht zu gefährden.
Die Eckpunktevereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) sowie der Deutsche Bahn AG zum Thema „lärmabhängige Trassenpreise“, die pressewirksam durch Herrn Minister Ramsauer sowie Herrn Dr. Grube vorgestellt wurde, bringt allerdings erhebliche negative Auswirkungen auf den Wettbewerb mit sich. Darin ist festgelegt, dass die Wagenhalter einen laufleistungsabhängigen Bonus für Fahrten auf dem Netz der Deutschen Bahn durch die DB Netz AG erhalten. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen sollen einen Zuschlag auf die Trassenpreise für nicht vollständig lärmsanierte Züge bezahlen (was 50 % der Finanzierung des Bonus ausmacht). Zudem erhält die DB Netz AG einen Bundeszuschuss, der die verbleibenden 50 % des Bonus abdeckt.
Aus der Sicht der im Netzwerk Privatbahnen zusammengeschlossenen Unternehmen ist es seitens des BMVBS ein politisch mehr als fragwürdiger Vorgang, dass der DB AG das Recht eingeräumt wird, den gesamten Eisenbahnsektor zu vertreten. Über 25 % der Leistungen im deutschen Schienengüterverkehr werden mittlerweile durch Wettbewerber der DB erbracht. Die Verbände des Verkehrssektors waren in die Erarbeitung des Eckpunktepapiers jedenfalls nicht einbezogen.
Alexander Kirfel, Geschäftsführer von Netzwerk Privatbahnen: „Die andauernde Bevorzugung der DB AG durch Minister Ramsauer, die in der Parteinahme für das Projekt „Stuttgart 21“ sowie der versuchten Einflussnahme auf den Berliner Senat hinsichtlich eines möglichst weitreichenden Verbleibs von Leistungen bei der DB-Tochter S-Bahn Berlin GmbH trotz dauerhafter Schlechtleistungen deutlich wird und die staatsmonopolkapitalistische Züge trägt, wird hier einmal mehr offenkundig.“
Mehr als merkwürdig ist es auch, dass die DB Netz AG als privatwirtschaftlich organisiertes Monopolunternehmen durch das BMVBS mit der Auszahlung des laufleistungsabhängigen Bonus an die Wagenhalter beauftragt wird, also mit einer staatlichen Hoheitsaufgabe. Die DB Netz AG befindet sich bekanntlich in einem Konzern unter einem Dach mit der DB-eigenen Gütereisenbahn DB Schenker Rail AG, also mit der direkten Konkurrenz aller anderen Güterbahnen. Weder kann hier eine Quersubventionierung innerhalb des DB-Konzerns ausgeschlossen werden noch eine Weitergabe von internen Daten der Wettbewerber.
Es ist schon erstaunlich, dass ausgerechnet beim umweltfreundlichen Verkehrsträger Eisenbahn externe Kosten direkt dem Verkehrsträger angelastet werden, eine Maßnahme gegen die der Straßenverkehr sich seit Jahren erfolgreich wehrt. Torsten Sewerin, Vorstandsvorsitzender von Netzwerk Privatbahnen: „Eine Anlastung aller externen Kosten kann durchaus sinnvoll sein, aber nur wenn es in gleichem Maße für alle Verkehrsträger praktiziert wird. Nur dann ist ein fairer Wettbewerb der Verkehrsträger möglich.“
Daneben ergeben sich für die Wettbewerber der DB AG weitere handfeste wirtschaftliche Nachteile:
Während die DB Schenker Rail AG als ehemaliger Monopolist in Deutschland weit überwiegend mit eigenen Güterwagen fährt, müssen die Wettbewerber ihre Güterwagen bei privaten Vermietgesellschaften anmieten. Das liegt daran, dass Transportverträge mit Frachtkunden in der Regel nur Laufzeiten von ein bis maximal drei Jahren haben. Danach werden die Transportverträge neu ausgeschrieben bzw. vergeben. Die DB Schenker Rail AG ist weit überwiegend selbst Wagenhalter und erhält zukünftig die Bonuszahlungen von DB Netz, während bei den Wettbewerbern die Vermietgesellschaften Wagenhalter sind. Zum einen kann nun DB Schenker Rail als Wagenhalter schon aufgrund der Konzernstruktur und der damit verbundenen Nähe zur DB Netz AG den administrativen Aufwand kleiner halten als die Wettbewerber. Zum anderen ist für die privaten Vermietgesellschaften kein Anreiz vorhanden, die Wagen umzurüsten, während die privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen mit zusätzlichen Kosten belastet werden.
Den Wettbewerbern der DB Schenker Rail ist es aufgrund des Geschäftsmodells überhaupt nicht möglich, Einfluss auf die Zugzusammensetzung zu nehmen. Einen Verzicht auf den erhöhten Trassenpreis gibt es aber nur, wenn alle Wagen eines Zuges umgerüstet sind. Die DB Schenker Rail hat hier aufgrund ihrer Größe mehr Möglichkeiten. Die erhöhten Kosten müssen die Bahnen an die Frachtkunden weitergeben, wodurch sich ihre Wettbewerbsposition gegenüber der DB Schenker Rail AG verschlechtert.
Absurd ist es, dass Wagenhalter, die bereits auf lärmarme Bremssohlen umgerüstet haben, keinerlei Förderung erhalten. Das ist nicht nur ungerecht, das bedeutet auch, dass kein Anreiz besteht, vor dem Inkrafttreten der vereinbarten Eckpunkte im Dezember 2012 auf lärmarme Bremssohlen umzurüsten.
Als Resümee kann festgehalten werden, dass die in dem Eckpunktepapier BMVBS/DB AG festgelegten Änderungen des Trassenpreissystems der DB Netz AG die Wettbewerbsposition des Schienengüterverkehrs im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern verschlechtern und dass darüber hinaus innerhalb des Verkehrsträgers Bahn der Wettbewerb durch das BMVBS zugunsten der DB AG beeinflusst wird.
Torsten Sewerin, Vorstandsvorsitzender von Netzwerk Privatbahnen: „Wir fordern die Finanzierung eines Bonusmodells für die Umrüstung von Güterwagen zeitlich befristet zu 100 % aus Bundesmitteln, beispielsweise aus dem existierenden Lärmsanierungsprogramm des Bundes. Daneben müssen die Monopolgesellschaften DB Netz, DB Energie und DB Station & Service aus dem DB-Konzern herausgelöst werden.“